Das Gegenteil von Hasen von Anne Freytag

Autorin: Anne Freytag 
Verlag: *heyne>fliegt
Preis: 17,00€
Seiten: 416


Sie sind in derselben Jahrgangsstufe und trotzdem in verschiedenen Welten. Julia, Marlene und Leonard im Zentrum der Aufmerksamkeit, der Rest irgendwo in ihrer Umlaufbahn. Dann geschieht etwas, das alles verändert: Eines Morgens macht plötzlich eine Internetseite die Runde, die bis dato auf privat gestellt war. Darauf zu finden sind Julias ungefilterte Gedanken, Bomben in Wortform, die sich in kürzester Zeit viral verbreiten. Es sind Einträge, die ein ganz anderes Bild des beliebten Mädchens zeigen, das alle zu kennen glauben.

Wer hinter der Aktion steckt, ist zunächst unklar, doch nach und nach kommt heraus: Gründe dafür hätten einige.
Der Roman *'Das Gegenteil von Hasen' von der Autorin Anne Freytag erschien als Hardcoverausgabe am 25. Mai 2020 im  *heyne>fliegt-Verlag. 

Die Gestaltung des Covers ist sehr schlicht gehalten, aber mir gefällt es dennoch sehr gut, da ich vor allem die Farbe sehr ansprechend finde und obwohl das Cover nicht wirklich etwas über die Geschichte aussagt, passt gut zu dem Titel des Buches. 
Im Fokus der Geschichte steht Julia, die ich auch als Protagonistin ansehen würde, obwohl es bei diesem Buch tatsächlich nicht einfach fällt diese zu bestimmen, da die Geschichte zum einen aus der Perspektive von einigen Personen geschildert wird und es auch um die Geschichte von den jeweiligen Figuren geht und nicht ausschließlich um die Geschichte von Julia. Julia ist ein junges Mädchen, das in ihrer Jahrgangstufe zu der Gruppe der 'Beliebten' zählt und zu der viele empor blicken, teils aus Bewunderung und teils aus Angst. Niemand würde vermuten, dass sie sich selbst in ihrer eigenen Rolle gar nicht so wohl fühlt und umso größer ist der Schock als ihre Blogbeiträge, die eine Art Tagebuch für sind, plötzlich an die Öffentlichkeit geraten. Julias Gedanken gehören ab sofort nicht mehr ihr allein und sie in gezwungen sich mit den Konsequenzen auseinander setzen, die nicht wirklich schön sind, aber das waren ihre Beiträge auch nicht. 
Es gibt eine Reihe weiterer Figuren, auf einige möchte ich gerne genauer eingehen, da sie den Roman so sehr bereichert haben. Als erstes hätten wir da Edgar, der vermutlich der einzige ist, der Julia ein bisschen anders kennt als die meisten, der aber auch weit unter ihr in der Schulhierachie steht und mit dem sie deswegen nur auf den gemeinsamen Busfahrten spricht. Edgar ist ein kluger Junge, der sich durch seine schüchterne Art sofort ein kleines bisschen in mein Herz geschlichen hat. Kommen wir nun zu Linda, die es eine lange Zeit alles andere als leicht hatte, sie selbst wurde aufgrund ihrer Figur gemobbt, unter anderem von Julia, aber und das hat mich wirklich beeindruckt, sie hat sich davon nicht unterkriegen lassen, sondern hat gelernt wie sie sich aus dieser Situation befreien kann und begegnet einem nun als taffes junges Mädchen, dass sich zur Wehr setzt und für ihr Prinzipien einsteht. Im Grunde dreht sich die Geschichte um diese drei Figuren, es spielen zwar auch weitere eine Rolle, aber nicht in dem Ausmaß wie diese drei. 
Was die Handlung der Geschichte angeht, bin ich so positiv überrascht, ich hatte mit einer Story gerechnet, die sich eher in Richtung 'Detektivgeschichte' entwickelt und die sich eben vorrangig damit beschäftigt, wer die Beiträge online gestellt hat. Womit ich allerdings absolut nicht gerechnet habe, war eine Geschichte, die in vielerlei Hinsicht so tief geht, so wichtige aber dennoch alltägliche Probleme anspricht und die so schonungslos aufzeigt, wo es gerade in der heutigen Jugendgeneration Probleme gibt. Ich war von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und fasziniert davon, wie es der Autorin gelingt so viele wichtige Themen (Mobbing, Liebe, Freundschaft, Hass, Familie und noch einiges mehr) zu einem Gesamtkonstrukt zu verbinden, ohne das man den Eindruck hatte, es ist so zu gewollt oder zu viel. Jede einzelne Geschichte wird so glaubwürdig und nachvollziehbar erzählt, dass man als Leser*in überhaupt gar nicht mehr weiß, wie man die einzelnen Charaktere einordnen soll. Und ich glaube genau darum geht es in diesem Buch, es geht weniger um Sympathien, sondern das jeder für alles seine Gründe hat und dass man als Außenstehender und manchmal sogar als enger Vertrauter nicht alles weiß, aber man trotzdem immer urteilt. In jedem Fall war es mir schon ab der Mitte des Buches relativ egal, wer denn nun der oder die Verantwortliche war, denn ich fand es viel spannender zu erleben, was das mit den einzelnen Figuren gemacht, wie sie sich weiterentwickelt haben, über ihre eigenen Schatten gesprungen sind und erkannt haben was sie wirklich wollen und brauchen.
Was den Schreibstil angeht, hat dieses Buch einiges zu bieten. So hätten wir zum einen die Kapitel, die aus den Perspektiven von einer Vielzahl von Personen geschrieben sind und sich trotzdem alle so stark voneinander unterscheiden, dass man die Figuren ziemlich gut unterscheiden und nachvollziehen kann. Dann sind immer mal wieder Szenen eingeschoben, die einer Art Vernehmungsprotokoll ähneln und hauptsächlich dazu dienen, herauszufinden, wer denn nun die Beiträge online gestellt hat. Dann wären da noch eingeschobenen Chatgespräche, die nahezu perfekt versinnbildlicht haben, welch großen Stellenwert heute das soziale Umfeld auf Onlinebasis spielt und wie sich genau darüber eine unüberschaubare Gerüchteküche entwickelt, die ohne Rücksicht auf Verluste quasi jeden innerhalb einer Sekunde zum absoluten Außenseiter machen kann. Und zu guter Letzt haben wir noch die Blogeinträge von Julia selbst, die es wirklich in sich haben, die mir einer schonungslosen Ehrlichkeit daher kommen und einem das Gefühl geben, direkt in die Gedanken von Julia einzutauchen. Mich konnte der Schreibstil und die ganze Geschichte komplett von sich überzeugen und es war zwar das erste Buch, das ich von Anne Freytag gelesen habe, aber es wird mit Sicherheit nicht das Letzte sein. 
 
Absolut grandios! Ich bin mehr als begeistert von der Geschichte und dem Umgang mit dem so sensiblem Thema Mobbing. Dieses Buch zeigt was Worte mit einem Menschen anrichten können und zeigt vielleicht auch, dass man sich mit seinen vorschnellen Urteilen sehr leicht irren kann und jeder sein Päckchen zu tragen hat.

Kategorie: Herzensbuch

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim *heyne>fliegt für das Bereitstellen dieses Rezensionsexemplares bedanken.

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